Ein Friseur, der nach der Arbeit den Pinsel schwang

Nowy Casnik11. September 2013

Ausstellungseröffnung zu Ehren von Walter Ruhland im SKC

Schleife. Viele der Gäste, die ins SKC kamen, haben Walter Ruhland noch persönlich gekannt. Er war ein zurückhaltender, nachdenklicher Mensch und er war sehr fleißig. Zu Ruhlands 100. Geburtstag organisierte der Verein Kólesko eine Ausstellung. Walter Ruhland hat seinem Geburtsort als Künstler ein Denkmal gesetzt. Dieses hat Hartmut Hantšo, der Vorsitzende des Vereins Kólesko entdeckt. Er beschäftigt sich mit der Geschichte von Schleife. Sein Vater Helmut, früher in Schleife Bürgermeister, hat ihn dabei unterstützt. Immerhin hatte Walter Ruhland auch ihm die Haare geschnitten. Doch wenn der Friseurmeister nach der Arbeit Schere und Rasiermesser beseite legte, tauchte er in sein anderes Element – als Künstler. Er schnitzte, goss und formte Plastiken. Er malte, zeichnete und machte Holz- und Linolschnitte. Durch viel Probieren, Studieren und Lernen gelangte er zu künstlerischer Vollkommenheit. Das war seine Passion, obgleich ihn sein Lebensweg zunächst in Kriegsgefangenschaft, Vertreibung und Flucht führte.

Einer, der Ruhlands Kunst bestens beurteilen kann, ist der Maler Jan Buck, der in den 60er Jahren regelmäßig zwischen Bautzen und Trebendorf pendelte. Er war auch als Ehrengast bei der Ausstellungseröffnung anwesend. Damals gab es in Trebendorf einen Zirkel sorbischer Laien-Maler, den Buck künstlerisch begleitete. Auch Walter Ruhland gehörte zu seinen Schülern. In der obersorbischen Zeitung Nowa doba vom 3. September 1966 ist ein Portrait des Schleifer Frisuers veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem: “Er ist schon über 50, von Beruf Friseur. Doch wenn sich der Tag zu Ende neigt und das Tageswerk vollbracht ist, dann wird er zum Künstler, mit Leib und Seele”. Walter Ruhland hatte damals dem Journalisten der Nowa doba gesagt: Gut zu malen, das ist nicht leicht. Man muss Talent haben. Es mus innerlich aus dir ausbrechen, so dass deine Fähigkeit zum richtigen Zeitpunkt an die Oberfläche dringt.” Mit diesem Ausbruch meint er die Leidenschaft, diese Art Rausch. Walter Ruhland malte alles: Szenen aus dem Dorfleben, sorbische Trachten, Bräuche, das Leben auf den Bauernhöfen, aber auch das Kraftwerk und den Tagebau. Im Jahre 1966 sagte er: “Ich finde, dass man sich auch im Bereich der Volkskunst ständig weiterbilden und arbeiten muss. Wir Trebendorfer waren in der Ausstellung beim Festival der sorbischen Kultur mit vertreten und haben dabei die Erfahrung gemacht, dass vieles nur durch Zufall entstanden oder Glückssache ist.” 

Die Ausstellung im SKC ist keinesfalls ein Zufallsprodukt, dafür hat der Verein Kólesko gesorgt. Juliana Kaulfürstowa sagte in ihrer zweisprachigen Laudatio: “Schleife als Ort von Inspiration birgt noch viele Schätze in sich. Sie, liebe Gäste, können auf weitere Ausstellungen gespannt sein”.

J. Schmidtchen


Projekte

Ausstellungsreihe „Schleife – das sorbische Worpswede“

Ein Segment unserer Vereinsarbeit befasst sich mit der Dokumentation der bildenden Kunst des Kirchspiels Schleife von der Vergangenheit bis zur Gegenwart. 

 

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