"Ostern kann schöner nicht anfangen"
Lausitzer Rundschau18. April 2017
SCHLEIFE In Schleife ist eine alte Tradition wieder aufgelebt. Zehn Frauen singen in sorbischer Halbtrauertracht frühmorgens vor der Kirche. Zum ersten Mal seit über 60 Jahren gab es am Ostermorgen in Schleife wieder ein Ostersingen vor der Kirche bis zum Sonnenaufgang. Zehn Frauen fanden sich dafür zusammen. Eine altehrwürdige Ostertradition ist in Schleife wieder aufgelebt. Erstmals seit dem Jahr 1956 wurde der Ostermorgen auf Singebänken vor der Kirche musikalisch begrüßt. Zehn Frauen aus dem Kirchspiel in sorbischer Halbtrauertracht, darunter drei ehemalige Kantorki, hatten sich zusammengefunden, um in Liedern und Chorälen die Auferstehung des Herrn zu verkünden. Der musikalische Leiter Gerald Schön gab mit seiner Stimmgabel die entsprechenden Takte vor. Mehrfach präsentierten die Frauen im Alter von 14 von 85 Jahren die insgesamt acht Stücke in Schleifer Sorbisch. Der Gesang sorgte für eine ergreifende Stimmung in der Dorfmitte. Besonders, als um 6.24 Uhr die Sonne aufging und Kirche sowie die Sängerinnen in ein mystisches Licht tauchte. Nur wenige Minuten später verstummten die Choräle. Schließlich wartete auf die Singefrauen bereits der nächste Termin - nämlich bei der traditionellen österlichen Morgenandacht in der Kapelle von Rohne. Älteste Ostersingerin war Marie Hentschel mit ihren 85 Jahren. "Ich habe schon in den 1950er-Jahren mitgesungen. Später war dieser religiöse Brauch dann nicht mehr erwünscht." Nach der Wende wurde die Klein-Trebendorferin eine der Kantorki. Fortan ging es Jahr für Jahr singend durch die Osternächte. Bis 2015. Damals war aufgrund des immer gravierender werdenden "Personalmangels" vorerst Schluss. Zudem fehlte vor allem den Älteren zunehmend die Kraft, eine komplette Nacht durchzusingen.
Doch Ostern ohne die Ostersingerinnen ist in Schleife einfach nicht vorstellbar. So entschloss sich der rührige Verein Kólesko, die ursprüngliche Tradition wieder aufleben zu lassen. "Ich bin sehr froh, dass ich das noch erleben darf", kommentierte Marie Hentschel. Nach Angaben von Hartmut Hantscho, dem Vorsitzenden des "Kolesko"-Vereins, gab es früher am Kriegerdenkmal fest verankerte Singebänke. Da diese längst Geschichte sind, wurden diesmal die Sitzgelegenheiten aus dem Sorbischen Kulturzentrum herangeschafft. "Dem Schleifer Bauhof sei Dank", so Hantscho. Die Zwischenlagerung erfolgte indes in der Kirche. "Weil man hier nie sicher ist vor österlichem Schabernack", begründete der
Vereinschef. "Wir singen immer ganz entspannt", erklärte Elvira Rathner, ohne deren Gesicht die Ostersingerinnen eigentlich kaum vorstellbar wären. "Es ist für uns kein Auftritt, wir wollen lediglich die Osterbotschaft verkünden. Es wäre klasse, könnte dies weiter fortgeführt werden."
Insgesamt fünf Zuhörer erschienen ab 5.30 Uhr neben der Kirche und nahmen auf den "Gästebänken" Platz. Eine von ihnen war Karin Krautz. Die Schleiferin wirkte schlichtweg begeistert. Ihr Kommentar: "Ostern kann schöner nicht anfangen. Vor diesem Engagement kann ich nur den Hut ziehen." Den Singefrauen hat es ebenfalls sehr gefallen. Was man im kommenden Jahr noch besser machen könnte? "Ein Sitzkissen wäre nicht schlecht", meinte eine etwas ältere Dame, und die anderen nickten zustimmend. Darüber hinaus seien weitere singbegeisterte Frauen jederzeit herzlich willkommen. Wer Interesse hat, könne sich beim Verein Kólesko melden.
amz1
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Das Ostersingen
Durch die Frauengesangsgruppe Slěpjańske kantorki wurde 1992 ein tief religiöser Brauch wieder belebt, der Mitte der 50er Jahren in unserem Kirchspiel zwar verschwand aber im Bewusstsein der wendischen Einwohner stets haften blieb.