Schleifer wollen Christkinder bewahren

Lausitzer Rundschau Online25.11.2018

Schleife. Das erste Werk der dreiteiligen Trachtenbuch-Serie ist erschienen. Hauptautorin ist Elvira Rathner. Von Torsten Richter-Zippack

Am ersten Advent ist es wieder soweit: Das Schleifer Christkind wird in der örtlichen Kirche eingesegnet. Während der Vorweihnachtszeit schreitet es mit seinen Begleiterinnen still durchs Dorf, segnet und beschert die Menschen. Insgesamt acht Christkinder gibt es im Kirchspiel, eines davon existiert derzeit lediglich in der Erinnerung, und zwar das Klein-Trebendorfer. Was es mit diesen mystisch anmutenden Figuren in ihren sorbischen Trachten auf sich hat, ist jetzt zum ersten Mal in einem Buch niedergeschrieben worden. „Die Schleifer Tracht – das Christkind“ lautet der Auftakttitel einer geplanten Trilogie zu den Trachten des Schleifer Kirchspiels.

Als Hauptautorin fungiert Elvira Rathner. Die 46-jährige geborene Hantscho hat die sorbische Identität bereits in die Wiege gelegt bekommen. Kein Wunder, verfasste Urgroßvater Johann Hantscho-Hano mit Volkskundler Wilibald von Schulenburg bereits vor rund 140 Jahren das Werk „Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte“. Jetzt also das Christkind. „Gemeinsam mit meinem Bruder Hartmut Hantscho habe ich mehrere Jahre recherchiert. Aber wir fanden nicht eine Quelle, in der angegeben wird, wie diese Figur korrekt angekleidet wird. Das sorgte für Unzufriedenheit. Hartmut sagte schließlich zu mir, ich solle doch selbst ein Buch schreiben. Und das tat ich dann auch“, beschreibt Elvira Rathner ihre Intention. Nicht zuletzt hat sie alle acht Christkind-Trachten selbst genäht.

Die gelernte Bankkauffrau, die sich heute in der Schleifer Gemeindeverwaltung um die Steuern kümmert, besuchte während der Recherchen ältere Frauen des Kirchspiels, die wertvolle Tipps gaben. Elvira Rathner bedauert, in ihrer Jugendzeit nie diese Tracht angezogen zu haben: „Zu DDR-Zeiten war das Christkind verpönt und aufgrund der Nähe zur Kirche nicht erwünscht.“

Die jeweiligen Anziehordnungen sind von Generation zu Generation mündlich weitergegeben worden. „Daher ist es so wichtig, jetzt das Wissen in einem Buch darzustellen“, sagt Rathner. „Denn wenn es die heutigen Anziehfrauen eines Tages nicht mehr gibt, sind deren überaus wertvolle Kenntnisse für immer verloren.“

Der Schleifer Ortsvorsteher Wolfgang Goldstein bezeichnet Elvira und Hartmut Hantscho als Bewahrer dieses sorbischen Brauches. „Das Werk ist ein echtes Kleinod zur Pflege unserer Wurzeln“, sagt Goldstein. Ins gleiche Horn stößt auch Werner Böhme aus dem Hoyerswerdaer Trachtenhaus Jatzwauk. „Wir brauchen ein Netzwerk von Schleife über Hoyerswerda bis nach Crostwitz“, fordert Böhme. „Nur dann retten wir das Wissen unserer Altvorderen.“

Das Christkind-Buch ist für 25 Euro im Sorbischen Kulturzentrum Schleife, in der Sorbischen Buchhandlung Bautzen sowie in der Cottbuser Lodka erhältlich. Herausgeber ist der Schleifer Kolesko-Verein.

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