Aktuell/Termine
Ostersingen in vielen Dörfern
Serbske Nowiny03. April 2018
Schleife/Rohne (FAG/SN). Die Pflege der alten sorbischen Osterbräuche ist weiter auf dem Vormarsch, vor allem in zahlreichen Dörfern der Mittellausitz und in der Niederlausitz. Dort wurde auch in diesem Jahr am frühen Ostersonntagmorgen das Singen gepflegt. In Schleife vor der Kirche fand es in diesem Jahr zum zweiten Mal statt, nachdem der Brauch 1956 verschwunden war. Wieder belebt wurde er vom Kólesko-Verein.
Zehn Frauen, darunter Gertrud Hermašowa, Marja Henčelowa und Lara Berton, sind Ostern sehr früh aufgestanden, um diesen Brauch zu pflegen. Die Jüngste war die 14-jährige Lara Berton, die Älteste Marja Henčelowa mit 86 Jahren. Bereits um halb drei in der Frühe haben die Frauen mit dem Ankleiden begonnen, sie trugen die Schleifer Halbtrauertracht. Pünktlich um halb sechs begannen sie zu singen, obwohl es ziemlich kalt war. Zu den Gästen am Sonntagmorgen gehörte auch die Schleifer Pfarrerin Jadwiga Mahling. „Für die Pflege des Brauches möchten wir vor allem die jungen unverheirateten Mädchen gewinnen. Nach alter Tradition sind sie, aufgeteilt in mehrere Gruppen, in den Dörfern unterwegs gewesen. Das ist mit der heutigen Zeit nicht mehr zu vergleichen. Wir freuen uns, dass es gelungen ist, diesen Brauch wieder zu beleben“, sagte der Kólesko-Vorsitzende Hartmut Hančo.
In Schleife singen die Frauen Choräle im Schleifer Sorbisch. „Das ist nicht mehr ihre Muttersprache, deshalb müssen es vor allem die jungen Frauen lernen, um mitmachen zu können“, fügte Hančo hinzu. Viel Enthusiasmus und die bewusste Traditionspflege sind also zwei wichtige Stützpfeiler, damit das Ostersingen weiterhin stattfinden kann.
In der Kapelle auf dem sorbischen Friedhof in Rohne haben die Pfarrerin Jadwiga Mahling und der Prädikant Manfred Hermasch am Morgen eine Andacht gefeiert, die auch von den Ostersängerinnen musikalisch umrahmt wurde. Dieser Brauch wurde unter anderem auch in Papitz, Ruben, Werben, Limberg und Gulben gepflegt.
Bedeutender Beitrag zur regionalen Identität
Serbske Nowiny08. August 2016
Auf dem Njepila-Hof in Rohne hat sich am vergangenen Freitag eine ansehnliche Anzahl Einwohner aus dem Dorf und der Umgebung versammelt, aber auch Gäste, darunter Geschichtsexperten sowie Kenner und Freunde des Schleifer Sorbisch. Auch das große Medieninteresse war ein Beleg dafür, dass hier ein außergewöhnliches Ereignis stattfindet.
Rohne (JK/SN). Die Mitglieder des Njepila-Vereins und viele engagierte Sorben in der Schleifer Region haben sich jahrelang damit beschäftigt, Begriffe im Schleifer Sorbisch zu sammeln, sie schriftlich zu dokumentieren und für die künftigen Generationen der Schleifer Region zu bewahren. Das aus Bautzen gelieferte frisch gedruckte Wörterbuch mit dem vielsagenden sorbischen Titel „Wie es einmal war – 1000 Wörter im Schleifer Sorbisch“ konnten die Beteiligten und die sie begleitenden Experten vom Sorbischen Institut in Bautzen nun präsentieren.
Einen großen Verdienst an der Ausgabe hat die Projektkoordinatorin Juliana Kaulfürst, welche gemeinsam mit dem Njepila-Verein und vielen Menschen aus der Schleifer Region das Material seit 2005 zusammengestellt hatte. Vorwiegend Dingwörter sind darin enthalten, aber auch Eigenschaftswörter und Verben. Dankerfüllt und sichtbar bewegt nahmen die älteren Vereinsmitglieder wie Manfred Nickel und Dieter Reddo das Erscheinen des Wörterbuchs auf. „Auf diese Weise wird etwas Wesentliches bewahrt, was für uns ein Teil unseres Lebens ist und woran wir immer festgehalten haben“, sagte Manfred Nickel in seiner Begrüßung. Der Vorsitzende des Regionalverbands „Jakub Lorenz Zalěski“ Manfred Hermasch dankte allen, die an dem Projekt mitgearbeitet haben. Unter anderem dankte er auch herzlich Dr. Fabian Kaulfürst vom Sorbischen Institut. Er hatte das Wörterbuchmanuskript geschrieben und das Register zusammengestellt. Das Buch enthält einen Anhang mit vielen zusätzlichen Informationen und Illustrationen. Eine kritische Bemerkung konnte Manfred Hermasch jedoch nicht zurückhalten: Die Unterstützung seitens der Stiftung für das sorbische Volk entsprach keinesfalls einer spürbaren Unterstützung für ein anspruchsvolles Projekt dieser Art, dem damit nicht die gebührende Bedeutung beigemessen wurde. Die Veranstaltung in angenehmer sorbischer Atmosphäre hat die Gruppe Kólesko mit Liedern und Musik aus der Schleifer Region umrahmt. Nach dem offiziellen Teil wurden die Gäste vom Niepila-Verein auf ihre bekannte herzliche Weise bewirtet. Noch lange haben sich die Vereinsmitglieder und weitere Interessenten mit den Experten für Sprachwissenschaft unterhalten und stießen mit einem „šćipaty“ auf das Wörterbuch an.
Ein Ereignis von historischer Bedeutung
Serbske Nowiny10. August 2018
Präsentation des ersten Schleifer Wörterbuches auf dem Njepila-Hof
Jetzt haben die Schleifer Sorben ein eigenes Wörterbuch. Am vergangenen Freitag wurde die Neuheit „Kak to jo było – 1000 Slěpjańskich słowow“ in feierlichem Rahmen präsentiert. In seiner Laudatio verwies der Wissenschaftler des Sorbischen Instituts Dr. Fabian Kaulfürst auf die Bedeutung der Publikation. „Meistens erscheinen Wörterbücher für große und öffentliche Sprachen, seltener für Dialekte oder Mundarten. Und gerade deshalb ist das vorliegende Wörterbuch eine großartige Sache, denn darin sind zum ersten Mal die Wörter einer Regionalsprache versammelt.“
Zugleich würdigte Kaulfürst die Bemühungen der vielen Menschen aus dem Schleifer Kirchspiel, die auf die Initiative des Vereins Njepila-Hof Begriffe des Schleifer Sorbisch zu sammeln begannen. So wurde die Idee geboren, sie in schriftlicher Form für die nachfolgenden Generationen zu bewahren. Das bedeutete eine große Herausforderung auch für den Regionalverband „Jakub Lorenc-Zalěski“. Der Vorsitzende Manfred Hermasch hat sich auf diesem Gebiet besonders engagiert.
Stiftung lehnte Förderung ab
Bei der Stiftung für das sorbische Volk hatte Hermasch einen Förderantrag gestellt, jedoch ohne Erfolg. Deshalb versucht er das anspruchsvolle Vorhaben mit Vattenfall-Mitteln umzusetzen. Und er wurde noch mehr motiviert, als er vom Ministerium für Wissenschaft und Kunst in Dresden erfuhr, dass das Schleifer Sorbisch im Maßnahmenplan zur Ermutigung und Belebung der Anwendung des Sorbischen explizit genannt wird.
Das Erscheinen dieses Wörterbuchs ist sicherlich der Höhepunkt bei den bisherigen Bemühungen zur Bewahrung des Schleifer Sorbisch und der weiteren Bewusstmachung seiner Bedeutung für die Region. „Jetzt geht es darum, gemeinsam mit Wissenschaftlern des Sorbischen Instituts darüber nachzudenken, wie dieses Verzeichnis ergänzt werden kann. Es könnte eine neue grammatische Betrachtung geben und die Wörter in neue Zusammenhänge gestellt werden. Prof. Dr. Dietrich Scholze und Dr. Fabian Kaulfürst wollen uns dabei unterstützen“, ist Manfred Hermasch überzeugt. Enttäuscht ist er darüber, dass die Stiftung einen erneuten Förderantrag abgelehnt hat. Aber er habe seine Quellen und sei sich sicher, dass er die zukünftigen anspruchsvollen Aufgaben ebenso erfüllen wird.
Allein steht Manfred Hermasch damit nicht da. Die Unterstützung der Vereine Kólesko und Njepila-Hof ist ihm dabei sicher, auch die verschiedener Medien, was von dem öffentlichen Interesse für die Regionalsprache zeugt. Umso mehr war man verwundert, dass die Repräsentanten des öffentlichen Lebens an der Präsentation nicht teilgenommen haben. Die Arbeit soll weitergehen.
Außer der Pfarrerin Jadwiga Mahling und dem Direktor der Oberschule Schleife Wolfgang Goldstein sind auch Einwohner zu der Veranstaltung gekommen. Der Bedeutung dieses Augenblicks tat das keinen Abbruch. Die Anwesenden waren sich dieses historischen Augenblicks bewusst und darin einig, dass man sich weiterhin um die Pflege und Bewahrung des Schleifer Sorbisch bemühen wird. Die älteren Einwohner empfanden die Präsentation des Wörterbuches als Krönung ihres Lebens, wie es unter anderem Dieter Reddo in seinen Erinnerungen an die Anfangszeit des Njepila-Hofes formulierte. Die Menschen, welche die Wörter gesammelt haben, haben sie in der Form bewahrt, wie sie sie gehört und verwendet haben. Überwiegend handelt es sich um Substantive, aber es sind auch viele Adjektive und Verben dabei. Diese nun zu ergänzen, das wird nun die nächste Aufgabe sein. Die Älteren möchten dieses Vorhaben soweit als möglich unterstützen. Einen großen Dank sprachen sie all denjenigen aus, die am Wörterbuch fleißig mitgearbeitet haben, wie Hartmut Hantscho, Juliana Kaulfürstowa und Antje Krawcoc.
Die drohende Gefahr des herannahenden Tagebaus haben weder die Einheimischen noch die Gäste vergessen. Stark bleiben und sich der Erweiterung von Tagebauen widersetzen - darin waren sich die Anwesenden einig. Mögen sie auch noch in vielen Jahren singen „Rowno jena rjana wjeska …“.
Jan Kral
"Kak to jo było – wie es einmal war"
Lausitzer Rundschau08. August 2016
Njepila-Verein Rohne stellt erstes Wörterbuch im Schleifer Sorbisch vor / 1000 Wörter gesammelt
ROHNE Es war eine langwierige und nicht einfache Geburt. Bis die 1000-Wörter-Sammlung "Kak to jo było – Wie es einmal war" im Schleifer Sorbisch auf die Welt kam, ging der Njepila-Verein über zehn Jahre damit schwanger.
Umso größer die Freude über dieses stattliche "Kind". Freitagabend stellte es der Verein vor Freunden in der guten Stube seines Dreiseitenhofes vor. In einer Auflage von 550 Stück war der 88 Seiten starke Wortschatz erst am Abend zuvor aus der Druckerei gekommen. Voll Freude wurde das Büchlein mit wunderschönen Illustrationen von Jörg Tausch in die Hände genommen. In seiner Laudatio sagte Manfred Hermasch: Nunmehr liege ein Werk vor zum Erlernen und Vertiefen des Schleifer Sorbisch. Das Sachbuch folgt auf das Schleifer Liederbuch (2013) und auf "Erzählungen aus dem Grastuch – Płachta pełna hulicowańkow” (2015).
Vereinsvorsitzender Manfred Nickel gestand: "Das bewegt das Herz, wenn man spürt, wie lebendig unser Schleifer Dialekt ist." Er dankt in seinem Vorwort den Beteiligten, vor allem seinem Mitstreiter Dieter Reddo, aber auch Antje Krautz, die in den Anfangsjahren den Verein unterstützte, und den Kursteilnehmern. Denn 2005 organisierte der Njepila-Verein einen Sprachkurs rund um das Schleifer Sorbisch. Nicht nur die Traditionen ihres Namensgebers Hanzo Njepila wolle der Verein für die Nachwelt bewahren, auch die Sprache der Menschen von einst auf Höfen und Feldern. Mühevoll sei es gewesen, Wörter aufzuschreiben und neue zu sammeln. "Wir haben alles so aufgeschrieben, wie die Wörter im Mund gewachsen sind", so Dieter Reddo. Er selbst hatte früher beim Schlachten auf den Dörfern des Kirchspiels viel Schleifer Sorbisch gehört und es all die Jahre im Kopf behalten. "Nun haben wir etwas, was wir an die Kinder und Enkel weitergeben können, wenn wir nicht mehr sind", freut sich der Trebendorfer und meint ob der vielen Mühe, die alle investierten: "Uns kann nur der liebe Gott bezahlen, mit wie viel Herzblut wir dabei waren."
Vor einigen Jahren waren die Njepila-Mitstreiter jedoch an ihre Grenzen gelangt. Sie fanden im Kolesko-Verein tatkräftige Hilfe. Hartmut Hantscho kümmerte sich in unzähligen Stunden um die Digitalisierung, Juliana Kaulfürst korrigierte und überarbeitete sowie ergänzte den Wortschatz. Ihr Bruder Fabian war mit seiner lexikographischen Erfahrung behilflich. Dieser gratulierte am Freitag von Herzen zur Neuerscheinung. Denn das Buch enthält weitaus mehr als 1000 Wörter – zu jedem einzelnen Wort gibt es einen Beispielsatz.
Gabriela Nitsche
Im Schleifer Kirchspiel findet wieder das Ostersingen statt
Nowy Casnik04. April 2018
Schleife. Am Ostersonntag fand hier zum zweiten Mal in neuerer Zeit wieder das Ostersingen vor der Kirche statt (der alte Brauch wurde hier bis 1956 gepflegt, im vergangenen Jahr wurde er wieder belebt.). Die Initiative kam vom Kólesko-Verein, der 2011 gegründet wurde und heute 20 Mitglieder hat. Hartmut Hantscho ist der Vorsitzende. Die Sängerinnen mussten sehr früh aufstehen. Alle Generationen waren vertreten: Die Jüngste, Lara Berton, ist erst 14 Jahre alt. Die Älteste, Marie Henšelowa ist 86. An diesem Tag trugen alle Frauen die Halbtrauertracht. Einige Trachtenteile besitzen sie selbst, weitere Teile haben sie sich aus dem Fundus des Vereins besorgt. Die älteren Sängerinnen kleiden sich selbst an, die jungen brauchen Helferinnen. Elvira Rathner hatte deshalb alle Hände voll zu tun: Seit halb drei in der Früh kleidete sie der Reihe nach sechs Mädchen an. Denn Punkt 5.30 Uhr mussten alle trotz des kalten Wetters an der Kirche sein, um bis zum Sonnenaufgang Choräle über die Auferstehung Jesu singen. Zu den Menschen, die sich dieses Ereignis angeschaut haben, gehörte die Pfarrerin Jadwiga Mahling.
„Wir möchten für diese Tradition vor allem unverheiratete Mädchen gewinnen, so wie es früher Brauch war. Damals sind sie in Gruppen durch das Dorf gegangen. Das kann man mit der heutigen Zeit nicht mehr vergleichen. Aber wir sind froh, dass wir diesen Brauch wieder beleben konnten“, berichtet der Vorsitzende Helmut Hančo aus Schleife. Die Osterchoräle werden auf Sorbisch gesungen. „Das ist nicht mehr unsere Muttersprache, und deshalb müssen besonders die jungen Mädchen und Frauen sich anstrengen, um die Lieder auswendig zu lernen. Das ist notwendig, um mitmachen zu können. Für die Bewahrung der Tradition im Schleifer Kirchspiel ist viel Enthusiasmus und Liebe zur Tradition notwendig“, meint Hančo.
Martina Arlt
“Und die sorbischen Lieder lieben auch ihn”
Nowy Casnik13. März 2013
Anmerkungen zum Liederbuch “Slěpjański spěwnik”
Überall in der Nieder- und der Oberlausitz, wo Sorben/Wenden leben, bemühen sich die Menschen, die sorbische Sprache und Kultur zu erhalten, sie zu pflegen oder sie wieder zu neuem Leben zu erwecken. Und in einer Region sind diese Bemühungen und Aktivitäten besonders stark und erfolgreich: im Schleifer Kirchspiel, das mit seinen acht Dörfern nicht gerade groß ist. Schon seit längerem bewegt sich dort eine ganze Menge und das verdient aufrichtige Anerkennung. Und das auch deshalb, weil alle diese sorbischen Aktivitäten und Projekte meistens Initiativen aus dem Volk selbst sind, wenn auch unterstützt von der Domowina und weiteren. Die Liste der Aktivitäten ist lang – das SKC, das Schleifer Folkloreensemble, die Kantorki, die Gruppe Rowniske głose, der bilinguale Unterricht an der Schleifer Schule, die Witaj-Kita in Rohne, die Domowina-Ortsgruppen, der Njepila-Hof, das Schuster-Haus in Trebendorf, sorbische Gottesdienste in der Schleifer Kirche und noch vieles mehr.
Überall dort wird das spezielle Schleifer Sorbische groß geschrieben – eben jene regionale Sprache, die Kultur, Tracht und alles, was in der Schleifer Region einzigartig ist, was ein bisschen anders ist als in der Niederlausitz oder in der Kamenzer Region. Und die Aktivitäten im Kirchspiel werden immer mehr auf das Ureigene ausgerichtet. Richtig so! Ein Grund dafür ist wohl der, dass der reiche Schatz, den die Heimatregion zu bieten hat, die Menschen in einer Zeit vereint, in der einem großen Teil des Schleifer Kirchspiel die Gefahr droht, abgebaggert zu werden.
Und die verstärkte Hinwendung zur eigenen Kultur und Sprache kann eine Art Sicherheit dafür sein, dass diese bewahrt werden, auch wenn es dazu kommen sollte, dass die Menschen ihr Haus an einem anderen Ort im Kirchspiel neu
aufbauen müssen.
Das neueste Beispiel für die Schleifer Aktivitäten – und damit für den starken Lebenswillen – ist das Liederbuch “Slěpjański spěwnik” mit dem Titel “Daj mi jedno jajko, how maš hobej dwě”. Es enthält insgesamt 160 typische Schleifer Volkslieder – im Schleifer Sorbisch und auf Deutsch, mit Noten und zwei CDs. Es eignet sich also wunderbar zum Singen – allein oder in der Gruppe - und auch zum Lernen dieser Lieder und der Sprache.
Vor zehn Jahren wurde die Idee für dieses Liederbuch geboren. Dieter Reddo aus Klein-Trebendorf, der schon seit 55 Jahren fleißig alle Schleifer Lieder sammelt, gab den Impuls dazu; und Hartmut Hantscho aus Schleife, der viele Jahre als Tänzer im Schleifer Ensemble mitgemacht hat, war sofort Feuer und Flamme dafür. Später gesellte sich die aus Bautzen stammende Juliana Kaulfürst hinzu, die schon seit einigen Jahren in Schleife für das Sorbische arbeitet.
Am 2. März konnten sie nun ihr Produkt präsentieren und luden zur Premiere in den Njepila-Hof ein. Das Vereinszimmer war rappelvoll mit rund 70 geladenen Gästen.
Leider mussten viele, die auch gern dabei gewesen wären, an diesem Tag zu Hause bleiben. Es war ein wunderbarer sorbischer Kulturabend, an dem viel gesungen wurde – selbstverständlich Lieder aus dem Buch. Elvira Rathner, Anke Fischer, Juliana Kaulfürst und Uwe Hermasch traten als neue Gruppe auf; und Veit Hanusch und Gerald Schön begleiteten den Gesang.
Und viele schöne Worte – im Schleifer Sorbisch, auf Obersorbisch und Deutsch – wurden gesprochen – von Dieter Redo und Dr. Fabian Kaulfürst. Letzterer berichtete über die lange Geschichte der sorbischen Volkslieder in der Schleifer Region und würdigte die unermüdlichen Aktivitäten für die Herausgabe des neuen Liederbuches.
Lobende Worte fand er insbesondere für all diejenigen, die die Lieder über die Jahrhunderte gepflegt und erhalten haben. Dazu gehört auch Dieter Reddo. “Du liebst die sorbischen Lieder sehr, aber die Lieder lieben auch dich, sonst wären sie schon längst aus deinem Kopf entwischt”, sagte Kaulfürst. Er betonte, dass das Buch auch eine wichtige Dokumentation des Schleifer Sorbisch mit all seinen grammatikalischen und lexikalischen Besonderheiten und Schönheiten sei.
Dieter Redo, der ebenso wie die anderen Autoren, viele Bücher signieren musste, war an diesem Abend der Glücklichste von allen. “Lange hat´s gedauert, aber jetzt ist es vollbracht”, sagte er. Auch wenn die Ratlosigkeit streckenweise groß war ...
Das Schleifer Liederbuch ist das erste Produkt des neuen sorbischen Vereins Kólesko, dem ca. 15 Mitglieder angehören. Sein Betätigungsfeld sind die Schleifer Mundart und die Kultur und vor allem die Geschichte des Schleifer Kirchspiels. Er steht also nicht in Konkurrenz zu anderen Gruppen und Vereinen, im Gegenteil! Er möchte dafür sorgen, dass das Liederbuch in viele Häuser einzieht. Demnächst werden die Mitglieder zu diesem Zweck Gesangsabende organisieren.
Das Liederbuch ist fertig; nun sind alle auf das Schleifer Wörterbuch gespannt, an dem eine Gruppe des Njepila-Hof-Vereins schon lange arbeitet.
Horst Adam
Den Schleifer Sagenschatz bewahren
Serbske Nowiny09.05.2018
Der Schleifer Verein Kólesko hat das zweisprachige Buch „Wie die Schleifer Kirche zu ihrem Kirchturm kam“ herausgegeben. Der Band in Deutsch und im Schleifer Sorbisch umfasst insgesamt 152 Sagen.
Schleife (AK/SN). Mit diesem umfangreichen Band will der Kólesko-Verein die Sagen aus dem Schleifer Gebiet und der Muskauer Heide bewahren. Das hob der Vereinsvorsitzende Hartmut Hantscho vorgestern bei der Buchpremiere im Atelier des Künstlers Thomas Schwarz in Schleife hervor. Die Folkloregruppe des Vereins hat die Veranstaltung musikalisch umrahmt.
Das Buch ist mit einer Auflage von 800 Exemplaren erschienen und umfasst 152 Sagen im Schleifer Sorbisch und auf Deutsch. Und „es stellt einen weiteren Beitrag zur Bewahrung unseres Dialekts dar“, sagte Hantscho. Die Herausgabe wurde gefördert von der Stiftung zu Hause in Schleife, Rohne und Mulkwitz; die Illustrationen sind von dem Rohner Maler, Restaurator und Stuckateur Jörg Tausch. Nach dem Liederbuch „Slěpjański spiwnik“, dem Akkordeon-Notenheft mit dem Titel „Dyž gerc zagrajo, dźewjeć bóli zažyjo“ und dem zusammen mit dem Verein Njepila- Hof herausgegebenen Wörterbuch „Kak to jo bylo, 1.000 Slěpjańskich słowow“ ist der neueste Band das vierte Buch, das den Lesern helfen soll, sich den besonderen Schleifer Dialekt anzueignen. „Hartmut Hantscho nutzte ein umfangreiches Quellenmaterial und gab außerdem viele Anregungen. Dieter Reddo hat die Schriften ergänzt und Hantscho hat sie neu aufgeschrieben. Die Handschriften bildeten die Grundlage für die akribische Arbeit von Juliana Kaulfürstowa, die sie ins Schleifer Sorbisch übertragen hat“, beschrieb der Festredner Wolfgang Goldstein dieses außerordentliche Gemeinschaftswerk. Für das Endlektorat war Dr. Hync Rychtaŕ zuständig. Der Sorabist und Slawist unterstrich, dass „es sich beim Schleifer Sorbisch um eine regionale Mundart handelt, in der sich meiner Einschätzung nach verschiedene archaische slawische Elemente und Besonderheiten am besten bewahrt haben“.
„Schleifer Sagenbuch“
Nowy Casnik16.05.2018
Die Schleifer sind in Sachen Erhaltung ihrer Kultur sehr umtriebig. Kürzlich ist das Buch „Wie die Schleifer Kirche zu ihrem Kirchturm kam. Volkssagen aus dem Schleifer Kirchspiel und der Muskauer Heide“ erschienen. In sieben Kapiteln wurde zusammengestellt, was sich die Menschen hier über die Geschichte, über Gespenster, den Teufel, Haus- und Windgeister und Hexen erzählt haben. Insgesamt enthält das Buch 150 kürzere und längere Sagen auf 250 Seiten. Herausgeber ist der Kólesko e. V.
Der Vereinsvorsitzende ist Hartmut Hantscho, er hat das Vorwort zu diesem Buch geschrieben. Darin beschreibt er, wie sein Ururgroßvater Johann Hantscho-Hano mit Willibald von Schulenburg die Schleifer Kulturgeschichte im 19. Jahrhundert dokumentiert hat. Sie hatten auch Sagen gesammelt, die nun den Grundstock für das neue Buch gebildet haben. Viele davon waren zunächst auf Deutsch veröffentlicht. Sie wurden vorwiegend von Dieter Reddo zurückübersetzt. Außerdem hat Juliana Kaulfürst das zu Papier gebracht, was Marie Hentschel und Marie Kudźelina auf Band erzählt hatten. Das Lektorat haben Juliana Kaulfürst und Dr. Heinz Richter übernommen. Jede Geschichte ist im Schleifer Sorbisch und auf Deutsch abgedruckt. Die Illustrationen sind von Jörg Tausch aus Rohne. Vergangene Woche Montag fand im Atelier von Thomas Schwarz in Schleife die Buchpremiere statt, zu der zahlreiche Besucher kamen. Die Gruppe Kólesko hat die Veranstaltung mit Liedern aus dem Schleifer Liederbuch musikalisch umrahmt. Die Besucher erlebten einen schönen Abend in dem Atelier und dem Garten und konnten das Buch natürlich auch kaufen. Man kann es zu einem Peis von 20 Euro in der Lodka in Cottbus, im SKC Schleife und in der Smolerschen Buchhandlung in Bautzen erstehen.
Derzeit arbeitet der Kólesko-Verein am Online-Wörterbuch für das Schleifer Sorbisch und an einer Publikation, in der das Ankleiden der Schleifer Tracht beschrieben wird. S. K.
Reiche Schleifer Sagenwelt bleibt in einem Buch lebendig
LAUSITZER RUNDSCHAU Online08.05.2018
Schleife. 150 Sagen enthält das 250-Seiten-Werk des Kólesko-Vereins. Fünf Jahre hat das Team die Geschichten gesichtet, gesammelt, niedergeschrieben und ins Schleifer Sorbisch übersetzt. Von Torsten Richter-Zippack
Was hat es mit der Tränenwiese im Muskauer Park auf sich? Wie ist die Schleifer Kirche zu ihrem Turm gekommen? Und warum besitzen Schweine krumme Schwänzchen? All diese Fragen und noch viele weitere beantwortet das druckfrische Schleifer Sagenbuch. Nach fünfjähriger Arbeit ist das 250 Seiten starke Werk jetzt im Atelier des Schleifer Holzkünstlers Thomas Schwarz erstmals öffentlich präsentiert worden. Der Gastgeber zeigt sich auch gleich hellauf begeistert: „Die Lausitzer Sagenwelt trage ich immer in meinem Hinterkopf. Wenn ich mal entsprechende Arbeiten in anderen Regionen anfertige, habe ich nicht solch einen Bezug zu den Geschichten wie in der Heimat. Daran merkt man, welchen Schatz wir hier haben.“
Diesen Schatz haben Hartmut Hantscho und Dieter Reddo für den Kólesko-Verein, der als Herausgeber fungiert, jetzt im Schleifer Sagenbuch zusammengetragen. Hantscho hat zu den Geschichten, die sich vorrangig im Schleifer Kirchspiel sowie in den angrenzenden Gebieten der Muskauer Heide sowie im Spremberger Gebiet zugetragen haben sollen, ohnehin ein ganz besonderes Verhältnis. „Mein Ururgroßvater Johann Hantscho-Hano hatte einst die unter den Leuten erzählten Geschichten zu Papier gebracht. Es war dann wohl eine glückliche Fügung, dass er im Jahr 1880 auf den bekannten Volkskundler Wilibald von Schulenburg traf. Dieser veröffentlichte einen Teil der Schleifer Sagen in seinem anno 1882 erschienenen Buch „Wendisches Volkstum in Sage, Brauch und Sitte“, berichtet Hartmut Hantscho. Weitere Ergebnisse wurden darüber hinaus in den Niederlausitzer Mitteilungen publiziert. „Jetzt haben wir die Schleifer Sagen erstmals in einem Werk zusammengetragen“, kommentiert Hantscho, der hauptberuflich als Sachverständiger beim TüV sein Geld verdient.
Darüber hinaus hat Dieter Reddo zwei Geschichten beigesteuert, die bislang wohl noch nie veröffentlicht worden sind. Unter anderem geht es um das verschwundene Christkind von Mulkwitz. Das Mädchen soll vor langer Zeit von einem Edelmann gedrängt worden sein, seine Kutsche zu besteigen. Doch als das Gefährt die Neustädter Grenze überrollte, war das Christkind plötzlich verschwunden. „Die Geschichte haben die Alten erzählt, als ich jung war“, erinnert sich der 76-jährige Reddo, der als Fleischer tätig war. „Da habe ich sie einfach mal aufgeschrieben.“
Das Besondere am Sagenbuch: Die Texte sind sowohl in Deutsch als auch im Schleifer Sorbisch zu lesen. Die entsprechenden Übersetzungen nahmen Juliana Kaulfürst und Dr. Hync Rychtar als Lektor vor. „Wir wollen mit dem Buch den Menschen ein Werkzeug zum Schleifer Sorbisch in die Hand geben“, erklärt Hartmut Hantscho. Schließlich solle diese Sprache nicht aussterben.
Das Werk gliedert sich in sieben Kapitel. Die Geschichten werden in Sagen zur Ortsgeschichte, in sagenhafte Wesen aus Wald und Flur, in Haus- und Windgeister, Hexen und Zauberer, Teufel und nicht zuletzt in lustige Erzählungen eingeteilt.
Darüber hinaus lebt das Buch von seinen 43 Illustrationen, davon 16 in Farbe. Autor dieser Kunstwerke, die mittels Spachteltechnik geschaffen wurden, ist der Rohner Jörg Tausch. „Mich hatte vor Jahrzehnten der Hoyerswerdaer Maler Kurt Klinkert in die sorbische Sagenwelt eingeführt. Seitdem lässt mich dieses Thema nicht mehr los“, erklärt der gebürtige Hoyerswerdaer seine Intention. Der Schleifer Ortsvorsteher und Schulleiter Wolfgang Goldstein ist von den Bildern geradezu verzückt: „Man erkennt in diesen Geschichten weitere Geschichten. Dadurch wird das Buch zu etwas Einzigartigem“, erklärt der Pädagoge in seiner Laudatio.
„Mehr Heimatkunde geht eigentlich nicht“, fasst Hartmut Hantscho zusammen. Er wünscht sich, dass das Sagenbuch auch im Schulunterricht reichlich genutzt wird. Das Werk ist ab sofort zum Preis von 20 Euro im Sorbischen Kulturzentrum Schleife, beim Verein Kolesko, in der Smolerischen Verlangsbuchhandlung Bautzen sowie in der Cottbuser Lodka zu haben.
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